Geschichte
Bereits im Jahr 1922 kamen 11 Musikanten um den ehemaligen Berufsmusiker Fritz Wünsch zusammen, die zunächst den Stamm einer Werkskapelle der damaligen Hammer-Werke bildeten. Dies war die Geburtsstunde der Stadtkapelle Bad Mergentheim, Fritz Wünsch war der musikalische Leiter, Max Neeser der „Manager“. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde 1933 der Stadtkapelle ein neuer Musikalischer Leiter namens Otto Römer zugewiesen. Nach seinem Tode übernahm 1934 Adolf Fleckenstein die Leitung.


Nach dem zweiten Weltkrieg musste man wieder von vorne anfangen. Die Stadtkapelle fand sich wieder ein, wenn auch die Reihen noch stark gelichtet waren. Fritz Wünsch übernahm noch einmal die Leitung der Kapelle. Das einst umfangreiche Notenmaterial wurde in den letzten Tagen des Krieges und auch in der Nachkriegszeit geplündert, so dass Noten neu geschrieben werden mussten. Auch ein neuer Probenraum im Schloss wurde der Kapelle von den Amerikanern zugewiesen. Anfang der 50er Jahre übernahmen die Herren Wilhelm Vogt und Max Simon die musikalische Führung und von 1953 bis 1955 nahm nochmals Adolf Fleckenstein das Ruder in die Hand. Am 1. Januar 1956 übernahm Fritz Hennig die Leitung als Stadtkapellmeister. Zu dieser Zeit wurde auch der damalige Verkehrsdirektor Ratsch, ein starker Förderer der Kapelle, der erste Vorstand und Stadtoberinspektor Josef Scheckenbach der Kassier der Stadtkapelle Bad Mergentheim. Zusammen mit Bürgermeister Dr. Schier und vielen Förderern gelang es, die Kapelle auf einen Stand zu bringen, der ihr schnell einen bedeutenden Ruf weit über die Grenzen des Kreises hinaus verschaffte. Durch die Uniformierung im Jahr 1959 wurde die Tradition des Deutschen Ordens in Bad Mergentheim aufrecht erhalten.
1968 übernahm Kurt Hinze das Amt des Dirigenten, der die Stadtkapelle in ein neues Zeitalter führte. 1980 wurde die erste Schallplatte aufgenommen und im gleichen Jahr gründete die Stadtkapelle ihre erste Jugendkapelle unter der Leitung von Hermann Zuber. 1987 musste die Stadtkapelle ihr angestammtes Probelokal im Inneren Schlosshof aufgeben. Als neuer Probenraum stand ein ausgedientes Klassenzimmer im ehemaligen Dominikanerkloster zur Verfügung.


1989 wurde zur Bewältigung der immer vielfältig werdenden Aufgaben im Vorstand die Satzung geändert. Bei den gleichzeitigen Neuwahlen übernahm Oberbürgermeister Dr. Elmar Mauch die repräsentativen, Eberhard Wölpert die geschäftsführenden Vorstands-Aufgaben. Da durch die Erkrankung von Stadtmusikdirektor Kurt Hinze im Jahre 1990 die bis dahin in Eigenregie geführte Ausbildung von Nachwuchsmusikern nicht mehr möglich war, wurde diese Aufgabe an die Jugendmusikschule abgegeben. 1991 übernahm Franz Reinhardt, Posaunenlehrer an der Jugendmusikschule, die musikalische Leitung.
Durch die ab diesem Zeitpunkt stark zunehmende Zahl der aktiven Musiker und Musikerinnen wurde der erst wenige Jahre zuvor bezogene Probenraum im Dominikanerkloster zu klein. Die Stadt stellte der Stadtkapelle einen großen Raum im Dachgeschoss der Jugendmusikschule zur Verfügung, in dem sie auch heute noch jeden Freitag von 19.30 bis 22 Uhr probt.
Durch die Uniformen im Stile der Hoch- und Deutschmeister wurde die Stadtkapelle 1994 nach Wien eingeladen. Der Höhepunkt war ein Auftritt in der Wiener Stadthalle, die vom Österreichischen Fernsehen übertragen wurde. Ein Jahr später nahm die Stadtkapelle wieder nach langer Pause an einem Wertungsspiel des Kreismusikverbandes teil.
Seit jeher ist die Stadtkapelle aus dem musikalischen Bild der Stadt Bad Mergentheim nicht mehr wegzudenken. Die mittlerweile 56 aktiven Mitglieder absolvieren rund 25 bis 30 Auftritte im Jahr, davon sieben große Konzerte: Neben dem traditionellen Frühlingskonzert präsentiert man sich in zwei Promenadenkonzerten, einer Marschparade, einem Herbstkonzert, einem „Bunten Melodienreigen“ und dem Adventskonzert.
Franz Reinhardt wurde aus Anlass des 75jährigen Bestehens der Stadtkapelle im Jahr 1997 zum Stadtmusikdirektor ernannt.
2006 entschloss man sich, ein Jugendorchester, das sogenannte „Ju-Mu-Power-Orchester“ zu gründen. Und kurze Zeit später folgte das Kinderblasorchester.
Im Jahr 2007 beschritt die Stadtkapelle neue Pfade: Zusammen mit dem Kinderchor St. Johannes unter der Leitung von Münsterkantor Michael Müller wurde das Musical „Freude“ aufgeführt, 2009 folgte, gemeinsam mit dem Jugendchor St. Johannes, das Musical „Wir“, ein sozialkritisches Werk, für das die Stadtkapelle viel Beifall erhielt.
Die Ensemblearbeit in der Stadtkapelle ist nach wie vor ein weites Feld. Neben Ständchen für Altersjubilare, die die Stadt Bad Mergentheim in Auftrag gibt, werden auch die mittlerweile über 100 passiven Mitglieder zu runden Geburtstagen mit Quartettmusik überrascht. Nicht vergessen darf man die zahlreichen Turmmusiken vom Münsterturm, die an kirchlichen Hochfesten und Feiertagen über die gesamte Stadt erklingen.
Im September 2011, nach über 20 Jahren, legte Stadtmusikdirektor Franz Reinhardt den Taktstock nieder und ging in den Ruhestand. Seine Nachfolge trat Hubert Holzner an.


2015 gastierte die Stadtkapelle im Rahmen eines musikalischen Austauschs in der oberbayerischen Heimatstadt Grassau unseres damaligen musikalischen Leiters. Im Gegenzug war 2017 die Marktkapelle Grassau in Bad Mergentheim beim Promenadenkonzert zu Gast.
Ebenfalls 2017 wurde Hubert Holzner vom Oberbürgermeister der Stadt Bad Mergentheim Udo Glatthaar der Ehrentitel „Stadtkapellmeister“ verliehen. Damit würdigte die Stadt offiziell die Bereicherungen des musikalischen Lebens in Bad Mergentheim durch die Stadtkapelle, die im Jahr mit über 40 Auftritten in großen und kleinen Besetzungen auftritt.
Ab dem Jahr 2020 stand auch die Stadtkapelle unter dem Schatten der Corona-Pandemie. Durch die Regelungen wurde besonders das gemeinsame musizieren von Blasinstrumenten nahezu unmöglich. Dadurch waren Zwangspausen und kurzfristig abgesagte Konzerte an der Tagesordnung. Doch auch hier lies die Kreativität und der Spielwille der Stadtkapelle nicht nach und so wurde unter anderem der Schulhof der Grundschule zum Probenraum umfunktioniert. Leider haben wir durch die Pandemie dennoch einige Mitglieder und Mitgliederinnen verloren und auch beim Nachwuchs merkt man diese fehlenden Jahre deutlich.
Im Jahr 2022 feierte die Stadtkapelle ihr 100-jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass wurde der Marktplatz in Bad Mergentheim für zwei Tage zum Festplatz umfunktioniert. Das große Festwochenende bekam sonntags seinen krönenden Abschluss, als alle Stadtteilkapellen sich gemeinsam zu einem Sternmarsch aufmachten.


Seit dem Jahr 2023 treffen sich die Vorstände der Stadtteilkapellen regelmäßig zu einem gemeinsamen Musikerstammtisch. Der Austausch zwischen den Vereinen ist besonders auch in Bezug auf die Jugendarbeit sehr wichtig. So wurde gemeinsam mit der Jugendmusikschule in diesem Rahmen die Jugendmusik-Kapelle – kurz JuMuKa der Stadt Bad Mergentheim unter der musikalischen Leitung von Hubert Holzner gegründet. Ein Projekt bei welchem Jugendliche und Junggebliebene aus allen Stadtteilen gemeinsam auf ein Konzert hinarbeiten und die gleichen Stücke proben und gemeinsam als große Kapelle aufführen. Dies bedeutet einen Mehrwert für alle Jugendlichen.
Im Sommer 2024 hat Hubert Holzner die musikalische Leitung der Stadtkapelle an seinen Stellvertreter Christoph Unger übergeben. Wir sind gespannt, wie Christoph die weitere Geschichte der Stadtkapelle beeinflussen wird und danken Hubert an dieser Stelle noch einmal für seine jahrelange Arbeit und sein Engagement.